Chuzpe haben und Tacheles Reden
Mit einer kurzen Vorschau auf das kommende Programm des Männerkreises, mit vielen abwechslungsreichen und interessanten Themen, eröffnete Gerhard Welz am 20. Oktober in der alten Gaststube des GramppHauses, den 1. Männerabend des neuen Programms.
Der eigentlich angekündigte Vortrag „Blick zurück aufs kleine Glück“ von Norbert Fischer konnte leider nicht stattfinden und wird an einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Als Ersatz präsentierte Gerhard Welz einen im Männerkreis bereits bekannten Referenten – „Sagy Cohen“ - israelischer Autor und gebürtiger Jude, der seit 2007 in Bayreuth lebt und als Pädagoge, Integrationstrainer und in der Erwachsenenbildung tätig ist. Er sieht sich selbst als ein Botschafter für interkulturelle Verständigung, als eine lebendige Brücke zwischen Menschen, Kulturen, Traditionen und Religionen.
„Chuzpe haben und Tacheles reden“ so hatte der Referent Sagy Cohen seinen Vortrag genannte. Ein Abend über jüdische Witze und unsere Vorurteile.
Der jüdische Witz thematisiert im weitesten Sinne das Leben und die Geschichte der Juden. Oft bezieht er sich auf angebliche jüdische Eigenschaften oder Stereotypen. Der typisch jüdische Witz ist selbstkritisch, tiefgründig oder selbstironisch und setzt sich meist mit den Gegensätzen des Lebens auseinander. Ein jüdischer Witz ist niemals nur Witz um des Witzes willen, er enthält stets eine religiöse, politische, soziale oder philosophische Komponente. Im krassen Gegensatz dazu steht der böse Judenwitz, der meist von Nichtjuden erzählt wird, Juden diffamiert, verächtlich macht oder antisemitische Aussagen enthält.
Sagy Cohen schilderte mit viel Hintergrundwissen wie und warum seit der jüdischen Diaspora Vorurteile und Stereotypen entstanden sind und bis in die heutige Zeit Bestand haben. Mit immer wieder eingestreuten, thematisch passenden jüdischen Witzen, versuchte er deutlich zu machen, was den typischen jüdischen Humor ausmacht. Oft blieb den Juden neben ihrer Religion ohnehin nur der Witz gegen die Verzweiflung oder Trostlosigkeit. Wie selbstverständlich wird mit Worten gespielt und mit hintersinniger Verschmitztheit versucht, den Alltag zu meistern. Auf der einen Seite steht das jüdische Gesetz, exakt in seinen Vorschriften, die das gesamte Leben durchfluten. Anderseits gibt es aber auch das Leben selbst, mit all seinen Verlockungen, Genüssen und Notwendigkeiten. Letztendlich spiegelt dieser Konflikt zwischen Gesetz und Leben, die Schwachheit des Menschen wieder und auch daraus lässt sich die Ironie des jüdischen Humors ableiten. Oft ist es auch ein "Humor der Unterdrückten" und stärker als in jedem andern Humor kommt in ihm die Selbstironie vor. Wie schon Sigmund Freud treffend bemerkte „Witz ist die letzte Waffe des Wehrlosen“.
Für alle Anwesenden ein informativer und kurzweiliger Abend an dem viel gelacht werden konnte. Im Anschluss an den Vortrag stand Sagy Cohen noch zu allen offenen Fragen Rede und Antwort.
Jüdischer Humor:
Moische liegt im Sterben. Die Familie hat sich um sein Bett versammelt. Er fragt mit schwacher Stimme: "Sarah, meine Frau, ist mein Sohn Berl da?" "Ja, er steht neben dir", schluchzt seine Frau. "Und wo ist meine Tochter Rivka?" - "Hier bin ich, Vater!" - "Und wo ist meine zweite Tochter Esther", fragt Moische weiter. "Ich bin hier, mein Vater". Esther küsst ihm die Stirn. "Und wo ist Benjamin?" - "Ich bin auch hier", sagt Benjamin sanft und leise. Da richtet sich Moische plötzlich vom Bett auf, öffnet die Augen und fragt entsetzt: "Und wer steht im Geschäft???"