Weltgebetstag in Himmelkron
Theologischer Impuls zum Weltgebetstag aus Vanuatu
07.03.2021 Stiftskirche Himmelkron
Vergangenen Mittwoch haben wir uns auch mit den Konfirmanden auf die Reise nach Vanuatu begeben … all die Bilder angeschaut und Infos ausgetauscht, die das Vorbereitungsteam dieses jungen Staates zusammengestellt hat. Spannend war das und aufschlussreich, von einem für unser Empfinden so abgelegenen Inselreich zu hören. Auf der einen Seite wirkt die paradiesisch anmutende Schönheit der Natur nach, auf der anderen Seite all die sozialen Probleme und die Bedrohung durch den Klimawandel. Da tat es gut, in die Gesichter von Jugendlichen aus Vanuatu zu schauen, die fröhlich in die Kamera lächelten. Auf einem Glücksatlas, der die Erde umspannt, nehmen die Ni-Vanuatu (Selbstbezeichnung der Menschen, die auf Vanuatu leben) laut Umfragen einen Spitzenplatz ein.
Wie kann das sein?, frage ich mich. All diese Bedrohungen und sozialen Verwerfungen und dann so reiche Erfahrungen des Glücks im menschlichen Miteinander. Die Spur einer Antwort finde ich im Bild der Künstlerin Juliette Pita. Sie hat es extra für den diesjährigen WGT gemalt. Es wirkt auf den ersten Blick sehr farbenfroh und vermittelt eine gewisse Wärme. Bei näherem Hinsehen jedoch entpuppt sich das Blau des Meeres als ein bedrohlicher Sturm, der die fragilen Boote durcheinanderwirbelt und eine Spur der Verwüstung hinterlässt. Tatsächlich ist im Jahr 2015 der Zyklon PAM mit unheimlicher Wucht über Vanuatu hinweggefegt. Menschen starben, viele verloren ihre Häuser, kein grünes Blatt hing mehr an den Bäumen.
Bild Rechts: Cyclon PAM II 13th of March 2015 gemalt von Juliette Pita
Rechts im Bild sind die Kreuze zu sehen, die an die Opfer des Wirbelsturmes erinnern, mit einem bedrohlichen Rot wie Feuer darüber. Auch im Zentrum des Bildes wirkt es, als ob der stillenden Mutter ihr Kind fast entgleitet. Ihr rechter Arm umschließt zwar das Kind. Aber mit ihrem Kopf, den sie auf die rechte Hand legt, wirkt die Frau geschafft und ohnmächtig. Vanuatu - ein gefährdetes Paradies!
Trotz all dieser Besorgnisse: Der grundlegende Eindruck ist der einer umfassenden Geborgenheit. Ein heiliges Trotzdem: Alle Kraft zusammennehmen, sich den Schwächeren zuwenden und sie schützen, so gut es geht, gerade die Kinder. Auf den Wurzelgrund des Lebens trauen. Die Wurzeln der Palme und der Rock der Frau mit seiner feinen Musterung fließen ineinander. Verstärkt wird dieser Eindruck von der Glaubenshaltung, die uns die Frauen aus Vanuatu vermitteln. Wir haben heute in diesem Gottesdienst viel darüber gehört. Es tut richtig gut, diesen neuen Geist, diese Widerstandskraft zu spüren, gegen all die Kräfte, die das Leben bedrohen.
Das Verrückte ist ja, dass die Bewohner von Vanuatu am wenigsten für den Klimawandel etwas können, ihr ökologischer Fußabdruck ist minimal. Aber ihr Land, ihre Inselgruppe ist mit am stärksten betroffen. Der steigende Meeresspiegel hat bereits jetzt zu Umsiedlungen geführt, die Wucht der Zyklone ist lebensbedrohlicher denn je. Das sind Herausforderungen, die kein Land der Welt alleine bewältigen kann. Da ist die Zusammenarbeit, der Austausch über Ländergrenzen hinweg gefragt. Ein Austausch, von dem auch wir hier im fernen Europa etwas lernen können.
Was macht das Glück im Leben aus? Wie schaffen wir es, dieses Glück in weltweiter Gemeinschaft zu bewahren? Ein Schlüssel ist sicherlich der Glaube. Gott als Liebhaber des Lebens – wo finden wir ihn? Zum einen in dieser innigen Verbindung von Mutter und Kind. Darin steckt eine Kraft, die sich durch nichts beirren lässt. Zum anderen in den Glaubenserfahrungen, wie sie in der Bibel festgehalten sind.
Mir ist die Geschichte von Elia eingefallen. Gott fordert ihn auf, sich vor die Höhle zustellen, in die sich der Prophet verkrochen hat. Er will vorüber gehen … doch Gott war nicht im Sturm, der die Berge zerriss, auch nicht im Erdbeben, das auf den starken Wind folgte und auch im Feuer nicht, welches das Erdbeben ablöste. Nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. Als Elia das hörte, verbarg er sein Gesicht und trat in den Eingang der Höhle (1Kön 19,11-13). So begegnet uns Gott, sagt die Bibel. Auf dem Bild von Juliette Pita geben die lichten Farben am Horizont eine Ahnung von dieser Ruhe nach dem Sturm. Was für ein Hoffnungsschimmer, der vom Himmel über Vanuatu zu uns dringt. Amen.
Eine Meditation von Ulrike Schalenbach zum Bild von Juliette Pita:
Pam – so harmlos klingt das
Doch Verwüstung überall
Sturm biegt die Palme
Doch sie bricht nicht
Schiffe in Not, Menschen in Not
Es lodert das Rot der Verwüstung
Fast gleitet das Kind aus dem Arm der Mutter
Im Hintergrund Kreuze der Toten
Doch birgt die Mutter ihr Kind
Doch wurzelt die Palme tief
Doch hält die Tradition die Menschen
Doch leuchtet Hoffnung am Horizont